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Was Piloten richtig machen – und Unternehmer oft nicht.
Ich will nach Rom, lande jedoch in der norditalienischen Provinz, zwischen Kieswerk und Kuhstall.
Warum? Weil mein Kurs nur um einen Grad abgewichen ist.
Klingt harmlos. Ist es nicht.
In der Luftfahrt gilt: Weichst du nur 1 Grad vom Kurs ab, bist du nach 60 Meilen eine ganze Meile daneben.
Am Anfang ist es kaum sichtbar.
Am Ende entscheidend.
Also: Ich plane von München nach Rom zu fliegen.
Pizza, Pasta, Vespa – ich will das volle Programm.
Aber weil der Kurs minimal falsch eingestellt ist, lande ich irgendwo in der norditalienischen Provinz.
Willkommen am Ziel – einem Ziel, das ich nie wollte.
Und vor allem nicht dem, was ich mir vorgestellt habe.
Genau so passiert es auch im Unternehmertum.
Was auf den ersten Blick nur wie ein kleiner Schluckauf aussieht – eine unklare Anweisung, ein offenes Missverständnis, eine unausgesprochene Erwartung – wird auf der Strecke zum riesigen Problem.
Nicht sofort.
Aber unweigerlich.
Wie oft denkt man sich:
"Ach komm, das versteht sich doch von selbst."
Oder: "Wird sich schon einpendeln."
Tut es aber nicht.
Eine kleine Abweichung:
"Ach, das Meeting verschieben wir."
"Die Zielsetzung kann warten."
"Die Erwartung ist doch klar."
Und plötzlich:
Das Team versteht ein Ziel völlig anders.
Der Kunde spürt Unsicherheit.
Das Unternehmen läuft – aber irgendwie in die falsche Richtung.
Probleme entstehen nicht immer durch große Fehlentscheidungen.
Sondern oft durch kleine, stille Kursabweichungen.
1 Grad reicht aus, um alles zu verspielen.
Darum schaue ich ständig auf die Details:
Formuliere ich Erwartungen so, dass sie nicht nur ich verstehe?
Gibt es ein Ziel – oder viele Mutmaßungen?
Wiederhole ich, worauf es ankommt – oder hoffe ich auf Gedächtnissport?
Wie ein Pilot, der ständig seine Instrumente checkt, nachsteuert und sicherstellt, dass die Route stimmt.
Ich ein riesiger Verfechter davon, Erwartungen und Visionen klar und frühzeitig zu kommunizieren.
Und nicht nur einmal am Anfang.
Sondern immer wieder.
Brunello Cucinelli – einer meiner Lieblingsunternehmer – lebt das auf beeindruckende Art.
Er kommuniziert seine Werte, seine Ziele, seine Philosophie immer wieder.
Und nicht so kompliziert, dass es keiner versteht.
Sondern klar. Menschlich. Echt.
Er vertraut seinen Mitarbeitern – aber er gibt ihnen auch einen klaren Stern, an dem sie sich orientieren können.
Ohne diese Klarheit?
Würde seine Firma irgendwann irgendwo zwischen Fast Fashion und Discount-Mode landen.
Und das wäre dann nicht „Humanistic Capitalism“.
Das wäre Chaos.
Seine Philosophie nennt er:
„Human Sustainability“ – nachhaltiges Unternehmertum mit Würde, Sinn und Respekt.
Wie ich es im letzten Newsletter über Cucinelli geschrieben habe: Erfolg darf Tiefe haben. Und Verantwortung. Nicht nur Effizienz.
Falls du den Newsletter verpasst hast – hier klicken - es lohnt sich.
Klarheit ist ein Navigationssystem für ein Unternehmen.
Und ja, manchmal fühlt sich das für alle an wie die Durchsage eines Piloten bei Turbulenzen: „Meine Damen und Herren, bitte schnallen Sie sich an, wir haben leichte Kurskorrekturen vor uns.“
Aber genau diese kleinen Korrekturen bringen alle wieder auf Kurs.
Und das Ziel in greifbare Nähe.
Was heißt das für uns als Unternehmer?
Lieber einmal mehr sagen, worum es wirklich geht.
Lieber Erwartungen zu früh klären als zu spät enttäuschen.
Lieber kleine Kurskorrekturen unterwegs – als am Ende komplett falsch ankommen.
Denn 1 Grad Abweichung klingt erst mal nach nichts.
Aber auf Dauer ist es genau das, was dich vom Weg abbringt.
Und ich will auf jeden Fall Pizza, Pasta, Vespa.
Nicht Kieswerk und Kuhstall.
Wie klar sind deine Erwartungen gerade kommuniziert?
Denk mal kurz drüber nach.
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