Warum dein Narrativ wichtiger ist als dein Toolstack.

Ein Team ohne Narrativ ist wie ein Orchester ohne Partitur: Alle haben ein Instrument. Alle wollen spielen.

Aber niemand weiß, welches Stück gerade läuft. Oder wer überhaupt dirigiert.

Was fehlt, ist das gemeinsame Warum.
Der unsichtbare rote Faden, der Verhalten prägt, Entscheidungen lenkt - und aus Einzelteilen eine Bewegung macht.

Daniel Coyle, Autor von The Culture Code, bringt’s auf den Punkt:
„Purpose isn’t about slogans. It’s about cues that create narrative.“

Nicht das Leitbild im Intranet stiftet Kultur.

Sondern das, was täglich passiert: Die Rituale. Die Begrüßungen. Die Stories aus der Kaffeeküche. Und die Running Gags auf der Weihnachtsfeier, die kein Externer je versteht.

Das, was bleibt - auch wenn keiner mehr hinschaut.

Warum mich das Thema so beschäftigt?

Weil ich früh gemerkt habe: Prozesse kann man kaufen. Systeme auch.
Aber Kultur? Die muss man erzählen. Immer wieder.
Nicht in Bulletpoints. Sondern so, dass sie kleben bleibt.

Ich erinnere mich an ein Unternehmen:
Top-Team, gutes Produkt, klare Abläufe - und trotzdem Sand im Getriebe.

Meetings zogen sich. Entscheidungen wurden infrage gestellt.
Nicht, weil die Leute nicht wollten. Sondern weil jede:r ein anderes Bild davon hatte, was „gut“ bedeutet.

Was fehlte, war ein Narrativ.

Erst als ich angefangen habe, unsere Gründungsgeschichte regelmäßig zu erzählen - nicht nur extern um zu verkaufen, sondern intern - ist etwas passiert.

Ob Weihnachtsfeier auf Zoom, Onboarding oder Bewerbungsgespräch:
Ich habe bewusst geteilt, warum wir tun, was wir tun.

Aus „Ich arbeite hier“ wurde: „Ich gehöre hierher.“

Wer skalieren will, muss das verstanden haben:
Denn Skalierung ohne Narrativ ist wie Wachstum auf Sand.

Du kannst Systeme einführen, Prozesse aufsetzen, Leute einstellen.
Aber ohne Idee, die alles zusammenhält, bricht dir das Konstrukt zusammen.

Wie bei einer Sandburg bei Flut:
Sieht erst nett aus und alle bewundern es. Aber bei der ersten Welle ist alles weg.

Teams ohne Narrativ:
▪ brauchen ständig Kontrolle - weil keiner weiß, woran er sich orientieren soll
▪ verlieren Energie in Abstimmungen - weil kein gemeinsames Bild existiert
▪ handeln aus Angst - statt aus Überzeugung

Teams mit Narrativ:
▪ entscheiden schneller - weil sie das Warum verinnerlicht haben
▪ bleiben stabil - auch bei Druck
▪ übernehmen Verantwortung - weil sie dazugehören

In Hochleistungsteams sieht Coyle ein Muster:
Ein starkes Selbstbild, das sich in klaren Verhaltensweisen widerspiegelt.

Er nennt das: Belonging Cues - Hinweise, die sagen:
„Hier bist du richtig. So ticken wir. Das glauben wir.“

Diese Signale entstehen nicht zufällig.
Sie werden erzeugt. Durch Haltung. Durch Geschichten. Durch Details, die nicht auf dem Whiteboard stehen - aber im Bauch ankommen.

Ein Unternehmer, der das meisterhaft beherrscht, ist Brunello Cucinelli. 

Ich weiß - ich habe schon oft über ihn geschrieben. Aber er fasziniert mich immer noch. Weil er zeigt, was passiert, wenn ein Narrativ nicht deklariert, sondern gelebt wird. 

Bei ihm wird nicht einfach Kleidung produziert - bei ihm wird die Würde verarbeitet. 

Seine Mitarbeitenden sind Teil einer größeren Idee: der „Humanistischen Unternehmensführung“. Und diese Idee wird nicht einmal im Jahr auf einer PowerPoint-Folie präsentiert - sondern gelebt. 

Wenn du den Artikel über Cucinelli noch nicht gelesen hast - hier geht’s zur ganzen Geschichte.

Wenn ich mit Unternehmer:innen spreche, höre ich oft:
„Wir brauchen Prozesse. Tools. Systeme um zu skalieren“
Stimmt. Aber ohne Fundament wird’s wacklig.

Was fehlt, ist die gemeinsame Geschichte.
Die Antwort auf: Wer sind wir? Wie entscheiden wir? Wofür stehen wir?

Coyle beschreibt in The Culture Code, wie sich Teams über Narrative organisieren - und wie diese psychologische Sicherheit, Verbindlichkeit und Fokus erzeugen. 

Das funktioniert nicht mit einem Slogan wie „We innovate fast“. Sondern durch echte Beispiele, wie diese:

  • Eine Kollegin, die lieber drei Stunden dran hängt, als ein Produkt zu launchen, das nicht on brand ist.

  • Eine Gründerin, die sich am ersten Tag mit jedem neuen Mitarbeitenden hinsetzt – nicht für KPIs, sondern für eine Story, die hängen bleibt.

  • Ein Vertriebsteam, das einen Kunden ablehnt - weil das Projekt nicht zur Mission passt.

Was mich in vielen Unternehmen stört?

Es geht ständig um Zahlen. Wachstum. Performance.
Aber wer spricht über das Fundament?

Warum wird die Seele des Unternehmens nicht gepflegt - nur die Skalierung?

Hat wirklich jede:r nur gegründet, um Geld zu verdienen?
Und warum verstehen so wenige, dass ein starkes Narrativ mehr bewegt als jeder KPI?

Ein Narrativ schafft Identität.
Es gibt Richtung, Halt und Sinn.
Es macht aus einem Arbeitsplatz eine Mission.

Ein gutes Narrativ ist kein Märchen. Es ist ein Werkzeug.
Und wie jedes Werkzeug wirkt es nur, wenn man es benutzt.

Wenn dein Team in dieselbe Richtung laufen soll, reicht „Macht mal“ nicht.
Sie müssen spüren, wofür sie es tun.

Und das beginnt mit einer Frage:
👉 Welche Geschichte erzählt dein Team über das Unternehmen, wenn du nicht im Raum bist?

Reply

or to participate.