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Wie Zuhören mehr bewirkt als Versprechen – Gespräche führen wie ein FBI-Agent

Kann ein FBI- Verhandlungsführer als Vorbild für Kundengespräche dienen?

Na klar - vor allem, wenn die Emotionen hochkochen.

Kürzlich hatte ich genau so eine Situation bei einem meiner Kunden: 

Sein Kunde war frustriert, drohte mit Abgang oder verlangte eine Umsatzgarantie von 100.000 Euro in den nächsten zwei Monaten.

Solche Versprechungen wollte mein Kunde natürlich nicht machen und hat mich gefragt, wie er damit umgehen soll. 

Für mich geht es in solchen Fällen nicht darum, direkt eine Lösung zu finden, sondern zunächst zu verstehen, warum die andere Partei so denkt, wie sie denkt. 

Und dem anderen zeigen “ich nehme dich ernst”. 

Als ich meiner Assistentin die Geschichte erzählte, sagte ich: „Weißt du, ob Kunde, Freundin oder du – ein Mensch ist ein Mensch. Sobald jemand das Gefühl hat, nicht gehört zu werden, eskaliert die Situation.“ 

Das ist wie in Beziehungen: 

Wenn ich zu meiner Freundin gehe und sage: "Hey, ich bin gerade unhappy, weil ich das Gefühl habe, dass du nicht genügend Zeit mit mir verbringst”...

Und sie dann direkt verteidigend wird, oder über ihre eigenen Probleme spricht…

Dann habe ich das Gefühl nicht gehört zu werden.

Und dann werde ich erst so richtig sauer.

(ist dir vermutlich auch schon mal in irgendeiner Beziehung passiert)

Was wünschen wir uns von unserem Partner oder Partnerin in so einer Situation?

Dass der andere zuhört und uns ernst nimmt. 

Wieso glauben wir, dass die Mechanik zwischen zwei Menschen anders ist, nur weil sie eine “Business-Beziehung” haben?

Unser Gehirn funktioniert nicht anders, nur weil wir ein Sakko und eine Krawatte tragen. 

Vielleicht ist es zu viel Hollywood, wo ständig gezeigt wird, dass man Verhandlungen “dominieren” muss. 

Aber Beziehungen sind kein Zero-Sum-Game. 

Also ist meine Strategie für Verhandlungen und Gespräche mit unzufriedenen Kunden erstmal zu zeigen: Ich nehme dich ernst, ich höre dir zu..

Wenn es hitzig wird, vermeide ich Fragen, die den anderen in die Verteidigung bringen.

Verteidigung in einem Gespräch ist wie eine unsichtbare Mauer – sie blockiert den Austausch. Sobald diese hochgeht, ist der Weg zu einem echten Austausch versperrt.. 

Der andere konzentriert sich nur noch darauf, sich zu rechtfertigen, statt wirklich zuzuhören oder etwas Neues zuzulassen. Das Letzte, was ich in einer Verhandlung will, ist genau diese Blockade.

Die unsichtbare Mauer sollte gar nicht erst wachsen – sie muss Stück für Stück bröckeln. Jeder Stein, der fällt, gibt mir einen besseren Blick auf das, was den anderen wirklich bewegt. 


Statt „Warum?“ frage ich eher mit einem einfachen „Was?“ oder „Wie?“ nach. Keine komplizierten Fragen, nur echtes Interesse an einer anderen Perspektive. So wird das Gespräch offener, und man kann echte Anliegen hören.

Das ist eine Technik, die Chris Voss, ein ehemaliger FBI-Verhandlungsführer, in seinem Buch Never Split the Difference beschreibt.

  • Spiegeln: Ganz simpel, aber effektiv: Die letzten Worte des Kunden wiederholen. Das zeigt nicht nur, dass ich  zuhöre  – es hilft auch, das Gespräch zu lenken und Vertrauen zu schaffen.

  • Labeling: Emotionen benennen - Wenn der Kunde sich ärgert, dann spreche ich  das einfach an : „Klingt, als wären Sie wirklich frustriert.“ Damit signalisiere ich, dass ich die Emotionen erkenne – und das reicht oft schon, um die Stimmung zu entschärfen.

  • Nein-orientierte Fragen: Fragen stellen, bei denen der Kunde „Nein“ sagen kann. Das bringt oft Entspannung und erhöht die Gesprächsbereitschaft.

In seinem Buch beschreibt Voss sogar eine Geiselverhandlung, bei der er statt Forderungen zu stellen, einfach fragt: „Wie kann ich Ihnen helfen?“ Eine einfache Frage, die Bereitschaft zum Zuhören zeigt.

Fazit: In einer Verhandlung geht es nicht darum, den anderen zu überzeugen, sondern die Verteidigungsmauern abzubauen. Erst wenn diese fallen, werden die wahren Bedürfnisse sichtbar – und das ist der Schlüssel zu einer Lösung.

Und bevor ich's vergesse…

Trotz seiner Wut und Unzufriedenheit konnte ich den Kunden dazu bringen, einen Call mit mir zu vereinbaren. Und das Gespräch war erfolgreich. Er brauchte keine Umsatzgarantie von 100.000 Euro in den nächsten zwei Monaten. Er brauchte nur jemanden, der zuhört.

Was meinst du – welche Faktoren sorgen dafür, dass du dich in einem Gespräch wirklich  gehört fühlst?

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